Fridays For Future-Ortsgruppen unterwandern eigene Klimaschutz-Forderungen

Anläßlich des Globalen Klimastreiks, Aufruf von Fridays For Future (FFF) Deutschland, kommentiert „Pro-Ausbau“ die Positionierung der Sprecher der FFF-Ortsgruppe Stadthagen sowie der FFF-Ortsgruppe Bad Nenndorf zum Bahnprojekt Hannover-Bielefeld:

„Pro-Ausbau“ wundert die befremdliche Erzählung der hiesigen Fridays for Future (FFF)-Ortsgruppen zum Thema „Hochgeschwindigkeitsstrecke (HGS)-Neubaustrecke entlang der A2“. Kann man diese Grüppchen überhaupt noch ernst nehmen? Steht etwa auch FFF-Deutschland hinter der grotesken Argumentation?

Die jungen Leute mischen sich endlich in die seit 2019 geführte Diskussion „Hannover-Bielefeld“ ein – bisher führte FFF ein Schattendasein. Damals haben sie sich noch den Wald erklären lassen. Heute sollten sie sich die verzweigte Problematik des deutschlandweiten Bahnaus- und neubaus erklären lassen – und zwar nicht von Bahn-Lobbyisten oder DB-Netz-Aufsichtsratsmitgliedern, so macht man den Bock zum Gärtner. Sondern vielmehr von Gesprächspartnern wie fachlich fundiert arbeitende Umweltschutzverbände, unabhängige Verkehrstechniker und Taktfahrplan-Experten bzw. konstruktiv aufgestellte Bürgerinitiativen, die sich mit der Diversität der Fakten auseinander setzen.

„Weltweit erleben Menschen, wie unsere Lebensgrundlagen zerstört werden – die Klimakrise ist real. Doch anstatt die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, gehen Politik und Wirtschaft in den Verdrängungsmodus und betreiben skrupelloses Greenwashing. Grüne Märchen und Klimareden anstatt echter Emissionsminderungen sind die beliebten Methoden. Es muss Schluss sein damit, grün zu sprechen und fossil zu handeln!“ sind aktuell die einleitenden Worte von FFF-Deutschland zum kommenden Tag des Globalen Klimastreiks. Das sollten sich auch die regionalen FFFs zu Herzen nehmen.

Für Greenwashing und fossiles Handeln steht hier der 3. Zielfahrplan des Deutschlandtakts. Durch die maximal mögliche Umsetzung der Wunschliste der Stakeholder des Schienenpakts wurde ein Integraler Taktfahrplan entwickelt, der jetzt deutschlandweit mit abermilliardenteuren, flächenfressenden, naturversiegelnden und massiv CO2-emittierenden Neubauten einhergeht. Geld, Flächen, Natur und Anleihen aus einem CO2-Budget, was so der dringendst notwendigen Sanierung, Modernisierung, Erweiterung und Digitalisierung der bestehenden Bahn-Infrastruktur fehlen wird.

Als Teilnehmende am Projektplenum „Hannover-Bielefeld“ hat „Pro-Ausbau“ sich dafür eingesetzt, dass die CO2-Emissionen beim Bau aller Trassenvarianten mit als Vergleichsfaktor aufgenommen werden – das ist aber von der DB Netz AG abgelehnt worden. Damit ist das Greenwashing besiegelt. Denn nun fehlt der Vergleich zu der WiduLand-Streckenalternative und damit fehlt auch der Beleg dafür, dass die Wurzel allen Übels – die Zeitvorgabe von 31 Minuten – einem der klimaschädlichsten politischen Konstrukte der letzten Jahre entspringt, nämlich dem 3. Zielfahrplan des Deutschlandtakts. Hier verlässt FFF-Stadthagen und Co vielleicht der Überblick, denn der 3. Zielfahrplan enthält deutschlandweit groteske HGS-Neubauten. Daher setzt „Pro-Ausbau“ sich weiterhin vehement für die grundlegende Überarbeitung hin zu einem realistisch fahrbaren, bezahlbaren, schnell umsetzbaren, ressourcensparenden und CO2-emissionsarmen Deutschlandtakt ein.

Dass die FFF-Ortsgruppen sich für die ökologisch und ökonomisch schlimmste Variante an der A2 plus der hinzukommenden „Mindener Spange“ einsetzen, eine Kombination mit den meisten Tunnels, Überwerfungsbauwerken und Brücken, ist geradezu absurd. Das widerspricht der von FFF-Deutschland geforderten CO2-Vermeidung sowie der CO2 Netto-Null bis zum Jahr 2035. Die von der Zement-Branche angekündigte CO2-arme Produktlinie steckt in den Kinderschuhen und wird die weltweite Nachfrage kaum bewältigen können. Umso wichtiger ist es, gar nicht erst das CO2 zu emitieren. Die außerdem von FFF-Deutschland geforderte massive Verteuerung jeder Tonne CO2 wirft die Frage auf, wie unter solcher Preisentwicklung die Betonorgie des 3. Zielfahrplans – und damit die HGS Hannover-Bielefeld in 31 Minuten – bezahlt werden soll? Die zusätzlich geforderte 100%ige Energieversorgung mit erneuerbarer Energie bis 2035 wird durch die massiv stromfressenden HGS-Züge konterkariert. Davon abgesehen, dass die Bahn zurzeit immer noch 35% klimaschädliche Energie nutzt und 40% der Bahngleise nicht elektrifiziert sind.

Der berühmtberüchtigte Bahnhof im Auetal – eine ÖPNV-Anbindung auf der HGS-Strecke, die nicht nur die ICEs von Berlin ins Ruhrgebiet sondern zusätzlich die ICEs von Hamburg ins Ruhrgebiet aufnehmen soll, widerspricht dem von der Bahn selbst vorgestellten Konzept der Trennung von schnellem und langsamen Zugverkehr. Dieser Vorschlag gehört in die Kategorie „Grüne Märchen und Klimareden anstatt echter Emissionsminderung“. Der dringend erforderliche Bahn-Ausbau in der Fläche wäre vielmehr durch die bestandsnahe Engpassbeseitigung und die Anbindung an Schienen und Bahnhöfe des Bestands sinnvoll – also ein bestandsnaher Bau. Dieser wird übereinstimmend in der Region unterstützt und könnte sofort gebaut werden. So könnten auch die ambitionierten Forderungen von FFF-Deutschland zum Jahr 2035 in realistische Nähe rücken.


Leserbrief zu „Kritik an Studie zum Trassenneubau“ vom 8.9.2023

Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass eine Jugend-Umweltgruppe sich kritisch mit Studien zum Verkehr auseinandersetzt. Die Äußerungen von Fridays for Future Stadthagen sind jedoch fast zum Fremdschämen, so unsinnig sind sie.

Dies fängt damit an, dass der Studie vorgeworfen wird, „klimafreundliche Infrastruktur“ zu blockieren, obwohl diese im Gegenteil vor dem Bau einer nicht klimafreundlichen Infrastruktur warnen will und einer klimafreundlicheren Alternative den Vorzug gibt. Offenbar hat man bei Fridays for Future den Sinn der Studie nicht verstanden.

Ebenso unverständlich ist die Werbung für eine Strecke entlang der A2, obwohl bereits die Voruntersuchungen gezeigt haben, dass sie hinsichtlich Baukosten und Umweltaspekten schlecht abschneidet. Im Übrigen ist es üblich, verschiedene Trassenvarianten zu erarbeiten, um dann die beste auszuwählen.

Richtig peinlich wird es, wenn die Ablehnung des „Baus unter rollendem Rad“ zum Argument für die Hochgeschwindigkeitsstrecke wird. Tatsächlich ist diese Bauweise in der vom Gutachten abgelehnten Variante zu finden, nicht aber im Alternativvorschlag.

Auch ich finde an der Studie so manches kritikwürdig, doch bleibt festzuhalten, dass allein der „gesunde Menschenverstand“ sagt, dass es weniger aufwändig sein muss, 50 km Strecke für 250 km/h neu zu bauen und 45 km zu ertüchtigen als sich an einem ca. 140 km langen Neubau für 300 km/h zu versuchen.

Ich habe den Eindruck, dass die „Fridays“ die Studie gar nicht gelesen haben sondern einem Scharlatan aufgesessen sind, dessen Ziel es ist, diese Gruppe lächerlich zu machen und die Umweltbewegung zu spalten. Bleibt zu hoffen, dass der für Freitag geplante „Klimastreik“ darunter nicht leidet.

Leserbrief Stephan Schröder, Obernkirchen

aus Schaumburger Zeitung / Landes Zeitung vom 14.09.2023, Autor Johannes Pietsch

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