„Wir starten bei Null“
LANDKREIS. Mit „größtmöglicher Transparenz und Beteiligung aller Teile der Bevölkerung“ will die Bahn den Auftrag des Bundesverkehrsministeriums zum Ausbau der Strecke Hannover-Bielefeld umsetzen. Das sagte ein Bahn-Sprecher auf der jüngsten Pressekonferenz zum umstrittenen Bahnausbau-Projekt, das auch Schaumburg betrifft:
Mit „größtmöglicher Transparenz und Beteiligung aller Teile der Bevölkerung“ will die Bahn den Ausbau der Bahnstrecke Hannover-Bielefeld umsetzen; doch das Projekt ist unter Anwohnern sehr umstritten. Foto: JP
LANDKREIS. Mit „größtmöglicher Transparenz und Beteiligung aller Teile der Bevölkerung“ will die Bahn den Auftrag des Bundesverkehrsministeriums zum Ausbau der Strecke Hannover-Bielefeld umsetzen. Zudem gebe es noch überhaupt keine Vorfestlegung auf irgendeine der bislang so intensiv diskutierten Trassenvarianten. Diese beiden Kernbotschaften waren es, mit denen sich der zukünftige Chefplaner des Projekts Hannover-Bielefeld, Carsten-Alexander Müller, im Rahmen einer digitalen Pressekonferenz vorstellte.
Er bringt umfangreiche Erfahrung in das Projekt ein. Der Bauingenieur kümmerte sich acht Jahre lang als Bauleiter für die Erneuerung von Gleisen und Weichen, arbeitete als Projektleiter im Bereich Ingenieurbau, als Teamleiter beim Großprojekt S-Bahnlinie Ost Hamburg–Bad Oldesloe und war zuletzt seit 2017 als Teilprojektleiter beim Bahnausbau-Vorhaben Alpha-E für den Abschnitt Rotenburg-Verden zuständig.
Im Dialogverfahren strebt Müller einen direkten und intensiven Austausch mit Politik, Bürgerinitiativen, Naturschutzverbänden und der breiten Öffentlichkeit an. Sehr genau habe man sich bereits ein Bild über die Stimmungslage vor Ort gemacht. Der 46-jährige Hannoveraner macht sich da keine Illusionen, weiß sehr genau, wie viele Bürgerinitiativen mittlerweile zwischen Seelze und Bielefeld gegen das Projekt ins Felde ziehen. Genau die will er daher besonders intensiv einbinden. Zahlreiche Gruppen habe man daher bereits per E-Mail zu Vorgesprächen eingeladen: „Wir brauchen sie und ihr Wissen.
In der Region gibt es unverändert deutliche Kritik an den Neubau-Plänen. Erst vergangenes Wochenende protestierten rund 500 Menschen in Eisbergen dagegen. Foto: JP
Dass es so viel Misstrauen gegen das Projekt gebe, liege aber auch daran, dass bislang noch sehr viel – so Müller wörtlich – „Nicht-Information“ über das Vorhaben und den bevorstehenden Bürgerdialog in der Bevölkerung bestehe. Indirekt bestätigt der Bahn-Planer damit, welch gewaltiger politischer Flurschaden in den vergangenen knapp fünf Jahren durch die bisherige Informationspolitik des Bundesverkehrsministeriums angerichtet wurde. Das wollen er und sein bislang siebenköpfiges Team nun anders angehen: „Sie können uns immer erreichen und immer ansprechen, unsere Tür ist immer für Sie offen“, verspricht Pressesprecher Peter Mantik. Seine Botschaft: „Wir sind unendlich froh, dass wir endlich rausgehen und kommunizieren dürfen.“
Absolut variantenoffen wolle die Bahn in den Planungsprozess gehen. Die fünf bei der Auftragsvergabe veröffentlichten Konzeptvorschläge sieht Müller ausdrücklich nur als Gedankenanstoß und grobe Orientierung an. „Am Ende kommt da möglicherweise eine Trasse heraus, die mit den jetzigen fünf Varianten überhaupt nichts mehr zu tun hat.“
Eigene Pläne gebe es noch überhaupt nicht: „Sie können sicher sein, dass hier noch kein einziger Ingenieur auf irgend einer Karte einen Strich gemalt hat. Wir starten wirklich komplett bei Null.“
Allerdings gebe es im Rahmen des Auftrags auch Leitplanken einzuhalten, betont Müller. Wie zum Beispiel die Fahrzeit von 31 Minuten, die Fernzüge zukünftig auf der Strecke Bielefeld-Hannover nur noch benötigen sollen. „Das ist die Aufgabe, der wir uns stellen müssen.“ Warum allerdings gleich die erste der fünf Vorschlags-Varianten die alte Planung von 2016 durch die Bückeburger Niederung und den Jakobsberg, wieder auf den Tisch bringt, die mit nur sieben Minuten Fahrzeiteinsparung das gesetzte Ziel des Deutschland-Takts meilenweit verfehlt, kann sich Müller auch nicht erklären: „Das kommt vom BMVI, nicht von uns.“
Der Suchraum der Bahn für mögliche Trassenverläufe erstreckt sich dabei in Ost-West-Richtung von Bielefeld bis nach Hannover, nach Norden bis nach Petershagen, Sachsenhagen und Wunstorf und nach Süden bis nach Lemgo, Leopoldshöhe und Hameln. Im Trassenfindungsverfahren werde man zunächst sehr intensiv Raumwiderstände identifizieren, um zu sehen, wo überhaupt neue Strecken möglich seien. „Wenn dabei dann irgendwann bestimmte Grobkorridore herauskommen, müssen wir schauen, wie schnell man dort fahren kann.“ Und was ist, wenn sich am Ende auf keiner Strecke die von der Bundesregierung avisierte Fahrzeit von 31 Minuten realisieren lässt? „Dann wird es spannend.“
Am 14. Januar 2021 findet die offizielle Auftaktveranstaltung für den Bürgerdialog statt, Corona-bedingt vollständig digital. Was aus Sicht von Mantik kein Fehler sein muss: „Erfahrungsgemäß erreichen wir so deutlich mehr Menschen.“ Danach soll es ein festes, rund 80-köpfiges Plenum geben, in dem unter anderem alle Bürgermeister, Landräte und die Verkehrsminister der beiden beteiligten Bundesländer vertreten sein werden, ebenso Vertreter der Bürgerinitiativen.
Im Internet ist die offizielle Seite der Bahn für das Projekt zu finden unter www.hannover-bielefeld.de.
Quelle: SZLZ.de vom 11.12.2020 Autor: Johannes Pietsch