Planungsbeschleunigung Gesetz Gesetz Gesetz

Das Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz ist tot

Nachdem das MgvG wegen seiner ungesetzlichen Ausformulierung von der EU-Kommission gestoppt wurde, ist das Gesetz nunmehr endgültig Geschichte – es wird aufgehoben. Für das Bahnprojekt Hannover – Bielefeld bedeutet das, dass das begonnene Verfahren nach dem geltenden Recht eines Planfeststellungsverfahrens fortgesetzt wird. [Quelle]

Ein Planfeststellungsverfahren steht der Region Hannover – Bielefeld erst noch ins Haus. Derzeit befindet sich das Projekt in der Grundlagenermittlung. Aber die DB-Netz schreitet mit 7-Meilen-Steifeln voran. Glücklich über die Nicht-Fortsetzung der Großen Plenumssitzungen, in denen alle sich umfassend austauschen und diskutieren konnten, verfolgt das DB-Projektmanagement die Strategie „Teile und Herrsche“. Mit den jetzt fortgesetzten Regional-Treffen werden Informationen häppchenweise weitergereicht und Diskussionen stückchenweise geführt. Für das DB-Projektmanagement ist das einfacher zu händeln – Herr Carsten-Alexander Müller hat sich zu der Aussage hinreißen lassen, dass das Große Projektplenum nur zu „Fensterreden“ und „Vorwürfen“ führte; „mitgenommen daraus habe er nichts“. Die ungenügende Moderation hat sicherlich einen Großteil dazu beigetragen. Mit ein Grund, weswegen der Bürgerdialog gescheitert ist. Wirklich schwierig, unter solchen Umständen wieder in einen konstruktiven, hochwertigen Dialog auf Augenhöhe einzusteigen.

Die Landtagsabgeordneten Jan-Phillipp Beck (Landkreis Schaumburg) und Claudia Schüßler (Region Hannover) haben die Sache in die Hand genommen. Vorerst auf Niedersächsischer Seite wurde zu einem Fachgespräch eingeladen, das zusammen mit BIs, Naturschützern, Bürgermeistern, dem niedersächsischen Verkehrsminister Olaf Lies und der DB Netz geführt wurde. Quintessenz daraus: Der Ausbau der Bestandsstrecke gehört genauso in die Projekt-Planung wie die zugesagte variantenoffene Planung. Nach dem jetzigen Stand schert sich das DB-Projektmanagement darum nicht, sie schieben die Prämissen des BMDV vor = 31 Minuten, bis zu 300 km/h … basta.

Kein Grund zum Feiern

Das MgvG stand insbesondere in der Kritik, da es Klagerechte stark einschränkte. Nun – es gibt keinen Grund zum Feiern. Denn es folgt das Genehmigungsbeschleunigungsgesetz mit einer Beschlussempfehlung des Verkehrsausschusses. Das hat’s genauso in sich! Dort gibt es das „überragende öffentliche Interesse“, das für weitreichende Rechte und Möglichkeiten des Bundes und seiner ausführenden Organe sorgt. Die Argumentation ist die, dass ein schneller Bau von Straßen und Schienen dem Klimaschutz diene; alle Baumaßnahmen dienen der Mobilitätswende, die langfristig den CO2-Ausstoss senken soll. Die Politik hofft, dass der immense CO2-Ausstoß beim Bau durch die zukünftige Verkehrsverlagerung kompensiert wird. Die Politik setzt also auf Kompensation und Aufrechnung unter Berücksichtigung von Annahmen und Prognosen = Glaskugel. Vernachlässigt wird die Vermeidung von CO2, damit dieses klimaschädliche Gas gar nicht erst in die Umwelt gelangt = Tatsache.

Naturschutz adé – wir bauen uns den Klimaschutz

Das „überragende öffentliche Interesse“ beschränkt sich nicht nur auf die vielen Projekte, die im Bundesschienenwegeausbaugesetz im Vordringlichen Bedarf stehen ( = Bahnprojekt Hannover – Bielefeld). Vielmehr wurden die letzten Monate für Ergänzungen des Gesetzestextes genutzt und nun stehen im „überragenden öffentlichen Interesse“ auch bestimmte Vorhaben und Maßnahmen des Schienenpersonennahverkehrs, Instandhaltungen oder Digitalisierungen ( = Korridorsanierung Wunstorf – Minden).

Das „überragende öffentliche Interesse“ führt zur Beschneidung der Umweltverträglichkeitsprüfung sowie zur Herabsetzung der Naturschutzgesetze. Dort werden nämlich unter der Voraussetzung des „überragenden öffentlichen Interesses“ bauliche Ausnahmen zugelassen. Da jetzt alle der vielen hundert aufgeführten Baumaßnahmen unter diesen Schlagworten aufgeführt werden, wird die Ausnahme zur Regel!

Es wird also mehr am Good-will der DB-Projektplanung und der Durchsetzungsstärke der DB-eigenen Umweltexperten liegen, ob umweltsensible Bereiche und Naturschutzgebiete überplant (= überbaut) werden oder nicht. Wenn’s nicht anders geht, ist unter Einhaltung eines minimalen Maßes an Regeln ein Wasserschutzgebiet oder ein Naturschutzgebiet kein Hinderungsgrund mehr. Hier müssen in der Region alle gemeinsam dafür sorgen, dass das grüne Feigenblatt Deutschlandtakt mit seinem Ästchen Hannover – Bielefeld nicht zum Klimakiller wird.

Zusätzlich wurde ein Entschließungsantrag eingebracht:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest, dass

Ausbau und Modernisierung der Schieneninfrastruktur nach Jahrzehnten der Unterfinanzierung unabdingbar sind, damit der Schienenpersonen- und Schienengüterverkehr ein stabiles Rückgrat klimafreundlicher Mobilität und energieeffizienten Gütertransports bilden können;

• die verkehrlichen Ziele des Masterplans Schienenverkehr uneingeschränkt gelten: Verdopplung der Verkehrsleistung sowie 25% Schienengüterverkehr bis 2030. Die Schieneninfrastrukturplanung des Bundes ist auf diese Ziele auszurichten;Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt Drucksache 20/8922 – 28 – Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode

• Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur weiter abgesichert werden müssen, um prioritär eine fahrplanbasierte Infrastrukturplanung und einzelne Maßnahmen zur Etablierung eines Deutschlandtakts umzusetzen, was problemlose Ein- und Ausfahrten in die Knotenbahnhöfe und passende Reisezeiten zwischen den Städten voraussetzt, um neue feste Taktverkehre zu ermöglichen;

• für die Projekte des Bundesschienenwegeausbaugesetzes weiterhin gilt, dass eine Vorfestlegung über mögliche Trassen und konkrete Verläufe sowie zu erreichende Geschwindigkeiten oder Fahrzeiten mit der vorliegenden Gesetzesbegründung der Bundesregierung zu den Änderungen im BSWAG nicht getroffen worden ist;

• die Fahrzeit ein maßgebendes Kriterium für die Planung der künftigen Schieneninfrastruktur und die Umsetzung eines Deutschlandtakts ist.

DER Deutschlandtakt verdeutlicht verbal, dass es nur diesen einen, nämlich den 3. Zielfahrplan, gibt. Die Aufweichung zu EINEM Deutschlandtakt lässt Hoffnung schöpfen, dass der Zielfahrplan doch noch grundlegend überarbeitet wird – bis die Hoffnung zuletzt stirbt. Auf jeden Fall wird mit dieser Aussage deutlich gemacht, dass ein Taktfahrplan politisch gewollt und vom Bundestag unterstützt wird. Damit werden Überlegungen, gar keinen Taktfahrplan umzusetzen, sondern bloß Ausbau, Instandhaltung, Modernisierung sowie eine höhere Zugdichte voranzutreiben, kalt gestellt. Dass die Fahrzeit nicht im Gesetz vorgeschrieben, aber ein maßgebendes Kriterium für die Planung ist, lässt sicherlich die Diskussion über die 31 Minuten weiterköcheln – gut so! – und natürlich die DB Netz in ihrem Kämmerlein weiterplanen.

II. Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass

• durch die Änderung des Bundesschienenwegeausbaugesetzes eine Präzisierung zu den für einen Deutschlandtakt benötigten Neu- und Ausbaumaßnahmen vollzogen wird, die derzeit in der Anlage (Bedarfsplan für die Bundesschienenwege) zum Gesetz enthaltene Nummer 44 des Potentiellen Bedarfs „Deutschland-Takt“ in den Vordringlichen Bedarf aufrückt und dadurch die hohe Bedeutung des Personen- und Güterverkehrs auf der Schiene unterstrichen wird.

Trotz aller Kritik wird dem Gesamtprojekt „Deutschland-Takt“ – explizit dem 3. Zielfahrplan – grünes Licht gegeben. Gute Gelegenheit für das DB-Projektmanagement „Hannover – Bielefeld“ mit ihrer eigenen Vorstellung von Variantenplanung fortzufahren.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel

• die Ergebnisse der Beschleunigungskommission Schiene zum Verzicht von NKV-Bewertungen bei Maßnahmen zur Elektrifizierung und zur Netzresilienz („kleine und mittlere Maßnahmen“) sowie zur Reduzierung oder zum Entfall einer solchen Bewertung bei bereits bewerteten Bedarfsplanungen zügig umzusetzen;

• die Öffentlichkeitsarbeit und die Dialogprozesse für einen Deutschlandtakt insbesondere vor dem Planungsbeginn von Projekten regional zu stärken, bei den konkreten Trassenplanungen den regionalen Nutzen als ein zentrales Kriterium stets frühzeitig zu berücksichtigen und bei künftigen Überarbeitungen eines Deutschlandtakts den Deutschen Bundestag einzubinden;

• die Umsetzung eines Deutschlandtaktes infrastrukturell, finanziell, organisatorisch, eisenbahnrechtlich und europarechtskonform abzusichern;

• bei grenzüberschreitenden Vorhaben im transeuropäischen Netz die Initiative bei den Planungsverfahren zu ergreifen und einen digitalen Austausch der Informationen zwischen den Ländern sicher zu stellen;

• die offenen Stellen bei den Planungsbehörden, insbesondere bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV), zügig zu besetzen;Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt Deutscher Bundestag – 20. Wahlperiode – 29 – Drucksache 20/8922

• mit den Ländern zu prüfen, ob die durch das Genehmigungsbeschleunigungsgesetz erreichten Änderungen im Allgemeinen Eisenbahngesetz bezüglich der Planfeststellung auch im PBefG übernommen werden zur einfacheren Reaktivierung von Strecken die Mehrkosten von höhenfreien Kreuzungen in Vergleich zur kostengünstigsten Kreuzung in der Bewertungsmethodik als kostenneutral anzurechnen, wie es auch beispielsweise bei Maßnahmen zur Barrierefreiheit der Fall ist;

• die Finanzierung der im Gutachten Elektrische Güterbahn für wirtschaftlich erachteten Elektrifizierung Bremerhaven – Bremervörde – Rotenburg zu ermöglichen. Wenn dies nicht möglich ist, so ist die Finanzierung im Rahmen des Moderne-Schiene-Gesetzes zu prüfen;

• im Moderne-Schiene-Gesetz sicherzustellen, dass Überführungen über Schienenwege grundsätzlich elektrifizierungsfreundlich ausgestaltet werden;

• im Moderne-Schiene-Gesetz eine Änderung des AEG herbeizuführen, die die Planfeststellungsbehörde ermächtigt, in einem Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag den Beginn des Baus oder der Änderung des Vorhabens bereits vor Erteilung der Genehmigung vorzeitig zuzulassen, auch wenn und soweit das Vorhaben UVP-pflichtig ist und sich dabei an den Kriterien des Bundesrates für eine entsprechende Änderung des AEG zu orientieren;

• zu prüfen, wie bei nachgewiesener Wirtschaftlichkeit die Finanzierung der Elektrifizierung bzw. der Ausbau von NE-Infrastruktur im Bereich des überregionalen Schienengüterverkehrs sichergestellt werden kann.“

Aktuell ist ein Entwurf des „Moderne-Schiene-Gesetz“ unter Bundestag.de noch nicht zu finden. Siehe Interview mit Michael Theurer.

Wie sagte Herr Volker Vorwerk (DB Netz) so schön: „Nur weil etwas gefordert wird, setzt die Bahn das ja nicht automatisch um.“ Das läuft zwischen Bundestag und Bundesregierung hoffentlich nicht genauso! Nichtsdestotrotz lässt sich aus dem Entschließungsantrag der Ampel-Koalition erkennen, wie schwierig die Auseinandersetzung mit dem einen … oder dem anderen … Deutschlandtakt sich gestaltet.

3. Zielfahrplan wird gesetzlich verankert

Für uns ist die grüne Welle für den 3. Zielfahrplan mit seinen klimaschädlichen und desaströsen fahrtechnischen Auswirkungen schwer zu ertragen. Wir wiederholen unsere Forderung: der 3. Zielfahrplan des Deutschlandtakts muss grundlegend überarbeitet werden! Mehr dazu steht auf dieser Webseite. Viel Spaß beim Stöbern, Lesen, Nachdenken.

Nicht verzagen!

Unsere hiesigen Bundestagsabgeordneten sprechen uns Mut und Ausdauer zu.

2023-10-20-Gemeinsame-Pressemitteilung_Genehmigungsbeschleunigungsgesetz-Entschliessungsantrag-und-Bahntrasse-Hannover-Bielefeld

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