Chance für einen vernünftigen Deutschlandtakt

Die Berichte und Diskussionen um die Schnellfahrstrecke Hamburg – Hannover schlagen Wellen, die auch an die Ufer Hannover – Bielefeld schlagen. Prof. Dr. Wolfgang Hesse, Mathematiker, Experte für Integrale Taktfahrpläne (ITF) und Mitglied der Fachleute-Gruppe Bürgerbahn-Denkfabrik, kommentiert das Geschehen so:

„Die Fachleute-Gruppe Bürgerbahn – Denkfabrik begrüßt die Absicht der Verantwortlichen, die umstittene Schnellstrecke Hannover-Hamburg nicht zu realisieren. Es ist sehr zu wünschen, dass es bei dieser richtigen Entscheidung bleibt.


Der Deutschland-Takt wird dadurch keineswegs geschädigt oder gar „auf Eis gelegt“ – sondern das Gegenteil ist der Fall. Die Entscheidung könnte nun endlich den Einstieg in eine ausgewogene, angemessene Bahn-Strategie und einen vernünftigen Deutschlandtakt bieten. Nicht die extreme Hochgeschwindigkeit (300 km/h) auf wenigen Trassen muss das Ziel sein, sondern eine breit gefächerte hohe Netzgeschwindigkeit. Die Devise muss deshalb heißen: Takt statt Tempo.

Denn der Hochgeschwindigkeitsverkehr, wie er derzeit geplant ist, steht einem zukunftsfähigen verlässlichen Deutschlandtakt im Wege und würde unendliche unsinnige Summen verschlingen. Mit etwas weniger überzogenen Fahrzeiten könnten nicht nur mehr Züge auf den Trassen fahren, sondern erst damit kann ein verlässlicher und pünktlicher echter Deutschlandtakt praktiziert werden.

Takt-Experte Wolfgang Hesse: „Statt wie bislang mit überteuerten, auf Kante genähten Höchstgeschwindigkeiten an den Erfordernissen eines integralen Deutschland-Takts vorbeizugeplanen, sollte man nun auch weitere maßgebliche Fernverkehrs- und Bahnhofsprojekte auf den Prüfstand stellen und mutig einen revidierten, stabileren Zielfahrplan aufstellen.“

Notwendig dazu wären (u.a.) ein Erhalt der Kopfbahnhöfe in Stuttgart und HH-Altona, keine überzogenen Tieftunnel-Projekte in München, Hamburg und Frankfurt/M, keine Höchstgeschwindigkeits-Trassen zwischen Hamburg-Hannover, Hannover-Bielefeld und Würzburg-Nürnberg. Statt dessen stünden durch den Verzicht der Großprojekte und moderat geplante Ausbauten der Fernstrecken ein umfangreiches Ausbau- und Reaktivierungsprogramm für einen flächendeckenden Schienen- und ÖV-Verkehr in Deutschland zur Verfügung.

Damit wäre ein bezahlbarer Deutschland-Takt in zeitlich realistischer Zeit in Sicht und ein wirkungsvoller Beitrag zur Verkehrswende und zum notwendigen Umwelt- und Klimaschutz wäre möglich.“

Wir verweisen auf die Veröffentlichungen von Prof. Dr. Wolfgang Hesse in unserem Downloadbereich und insbesondere auf seinen Artikel „Deutschland-Takt am Scheideweg“.

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Pro-Ausbau: „Die schwergewichtigen Argumente für die zwingend notwendige grundlegende Überarbeitung des Zielfahrplans Deutschlandtakt müssen wir so oft wiederholen, bis es endlich in der Politik Gehör findet – vielleicht ist das Geschehen beim Bahn-Projekt Hamburg-Hannover ein erster Schritt in diese Richtung . Da es deutschlandweit Korridorsanierungen am Bestand geben wird, wäre es ökonomisch und ökologisch fatal, wenn nicht sogar dumm, das nicht mit einem klimafreundlichen Taktfahrplan in Übereinstimmung zu bringen. Das Motto „Erst den Fahrplan berechnen, dann die Infrastruktur bauen.“ muss man bei einem Deutschlandtakt mit mehr Realitätssinn und weniger mit Lobby-Wünsch-Dir-Was umsetzen. Ein Deutschlandtakt, der mehr Zeit hat für Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit, ermöglicht dann auch die Umsetzung der WiduLand-Alternativstrecke. Daraus folgend sind die Engpassbeseitigung und der Ausbau während einer Korridorsanierung genau der Weg, den wir auch beim Projekt Hannover-Bielefeld gehen müssen.“

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