Trassenneubau in Schaumburg: Bahn will neu anfangen und Vorgespräche führen

Die Bahn möchte reden. Und zwar mit den Schaumburgern, die von einem möglichen Trassenneubau betroffen wären. Zeitnah zur Auftragsvergabe des Bahnprojekts durch das Bundesverkehrsministerium und der öffentlichen Vorstellung haben daher nun erste Vorgespräche stattgefunden.

Auetal/Landkreis

Wo wird die ICE-Trasse durch Schaumburg führen?  Quelle: dpa

Die Verantwortlichen der DB Netz AG und heimische Bürgerinitiativen tauschten sich aus. Bedingt durch die Corona-Pandemie fanden diese Kontakte – auch zu den im Auetal aktiven Gruppen – digital statt. Dabei ging es aus Sicht der Bahn in erster Linie darum, sich als Gesprächspartner kennenzulernen und den „Vertretern der Zivilgesellschaft“ die kommenden Schritte aufzuzeigen.

Der Hintergrund: Geplante ICE-Trasse durch Schaumburg: Diese fünf Varianten stehen jetzt noch im Raum

Offenheit und Transparenz gegenüber Bürgern und heimischer Politik – das hatten DB-Projektleiter Carsten-Alexander Müller und Pressesprecher Peter Mantik auch schon während ihrer ersten Pressekonferenz mehrmals betont – sollten von vorneherein oberste Prämisse des Verfahrens sein. Die beteiligten Bürgerinitiativen aus dem Auetal nahmen indes einen zwiespältigen Eindruck aus dem Vorgespräch mit der Bahn mit.

Entwürfe rufen heftige Reaktionen hervor

Christine Goedecke und Claudia Grimm von der Gruppe „Pro Ausbau“ stoßen sich dabei vor allem an den wenige Tage zuvor noch vom Bundesverkehrsministerium vorgestellten Vorschlagsvarianten. Die fünf Entwürfe, von denen allein drei das Auetal direkt betreffen würden, hatten nach ihrer Veröffentlichung für teils heftige Reaktionen gesorgt – vor allem, weil sich der in der Region befürwortete und geforderte trassennahe Ausbau der Bestandsstrecke nicht darunter befindet. Die Bahn selbst hatte hingegen anschließend erklärt, sie würde bei der Suche nach einer geeigneten Trassenführung „komplett bei null anfangen“.

Die fünf Entwürfe dienten allein dem BMVI zur Kostenschätzung, seien aber für die Bahn ohne Bedeutung. Wenn diese fünf Entwürfe jedoch nur für den internen Dienstgebrauch des BMVI seien, warum wurden sie dann bei der Auftragsvergabe derart ins Rampenlicht der Öffentlichkeit gestellt? Bei Goedecke und Grimm lässt dies nach eigenen Angaben den Verdacht aufkommen, „hier werde nicht mit offenen Karten gespielt“.

Drei Varianten verfehlen die Zielvorgabe

Dazu komme, dass allein drei der fünf Varianten die gesetzte Zielvorgabe des BMVI von 31 Minuten Fahrzeit zwischen Hannover und Bielefeld deutlich verfehlen. Gerade die sehen die beiden Pro-Ausbau-Aktivistinnen aber als Grundproblem an. Grimm und Goedecke verlangen daher eine vollständige Überarbeitung des dritten Gutachterentwurfs und des daraus abgeleiteten Zielfahrplans 2030plus für den Deutschland-Takt: „Wir würden uns wünschen, dass die DB hier mal ihre Fachkompetenz in die Hand nimmt und dem BMVI vorab ITF-taugliches und zukunftsfähiges Grundlagenmaterial abverlangt.“

Kritik üben die beiden aber auch an der aus ihrer Sicht mangelnden Kontrolle des Bundesverkehrsministeriums durch den Deutschen Bundestag: Es sei „unerträglich“, dass dem BMVI „ein so weitreichender und in die Belange von Mensch und Natur tiefgreifender Eingriff einfach so gestattet“ werde. Da müssten die parlamentarischen Fachausschüsse nach Ansicht der Protestler kritischer sein.

Vorgegebene Ausgangslage größtes Problem für BI

Auch aus Sicht der BI Auetal, vertreten durch die Vorstandsmitglieder Hendrik Steg, Antje Kronenberg und Giso F. Jungk, ist nach den Gesprächen mit der Bahn die vom BMVI vorgegebene Ausgangslage das Hauptproblem. Daher sei es auch unerheblich, welches Gewicht den fünf Entwürfen beigemessen werde: „Am Ende wird das Gleiche an Streckenverlauf herauskommen wie bisher.“

Aufgrund der verbindlich festgelegten 31 Minuten Fahrzeit sei ein Streckenneubau durch das Auetal unausweichlich. Daher seien „nur die Infragestellung der Notwendigkeit dieser 31 Minuten und der politisch durchgesetzte Ausbau der Bestandsstrecke für uns alle eine zielführende Alternative“.

 „Das Geld sitzt nicht mehr so locker.“

Die BI-Vertreter glauben eigener Darstellung gemäß der Bahn nicht die Behauptung, der trassennahe Ausbau der Bestandsstrecke sei teurer als ein Neubau und daher wirtschaftlich nicht vertretbar. Das widerspreche „allen bislang bekannt gewordenen Fakten“. Gerade die Kostenfrage bereitet den Vorstandsmitgliedern der BI Sorgen, auch und gerade vor dem Hintergrund der Corona-Krise mit ihren massiven Belastungen des Bundeshaushalts: „Das Geld sitzt nicht mehr so locker.“ Dadurch rücke die von einigen nach wie vor erhoffte Untertunnelung des Auetals „in weiteste Ferne“.

Quelle: Schaumburger Nachrichten vom 23.12.2020 Autor: Johannes Pietsch

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