Wie kann ein Deutschlandtakt auf der Schiene Wirklichkeit werden?
Diese Frage stellt sich Minister Olaf Lies, Verkehrs- und Wirtschaftsministerium Niedersachsen, und hat zusammen mit der Evangelischen Akademie in Loccum eingeladen. Zu der hochkarätig besetzten zweitägigen Fachtagung kam eine Vielfalt an Vortragenden und Diskutierenden zusammen.
„2023 hat der Bund beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren für Infrastruktur (Deutschlandtempo) und die Aufnahme von Schienenprojekten für einen ehrgeizigen Zielfahrplan (Deutschlandtakt) in seinem Bedarfsplan beschlossen. Etliche der vorgesehenen Maßnahmen sind umstritten. Doch gibt es für die Infrastrukturpläne noch Geld, seit das Bundesverfassungsgericht ebenfalls Ende 2023 die Geltung der Schuldenbremse bekräftigt hat? Gibt es Wege, eine bessere Schieneninfrastruktur, Anwohnerinteressen, Klima- und Naturschutz und Haushaltspolitik unter einen Hut zu bringen? Wie können gegenüber der heutigen Situation ein besserer Fahrplan und mehr Kapazitäten auch vor Vollendung des aktuellen Plans für den Deutschlandtakt erreicht werden?“ so der Einladungstext.
In den organisatorischen Händen der EVLAK unter der Moderation von Dr. Joachim Lange kamen alle zu Wort.
Foto: Teilnehmende der Bürgerinitiativen Pro-Ausbau, WiduLand, Masse gegen Trasse Bad Nenndorf, BIGTAB, ‚Wir in Kolenfeld‘
Deutschlandtakt Ja – 3. Zielfahrplan Nein – Überarbeitung ist die Lösung
Obwohl seit Jahren auf die Unterscheidung der Begriffe ‚Deutschlandtakt als Definition der Idee Integraler Taktfahrplan‘ und „Zielfahrplan als konkrete Ausgestaltung des Taktfahrplans’ hingewiesen wird, gehört es scheinbar zur Strategie der dominanten Schienenpaktler, Kritiker am Zielfahrplan mit Ablehnern des Deutschlandtaktes gleichzusetzen. So diskreditiert man diejenigen, die dem Branchenergebnis fundierte und konstruktive Kritik entgegensetzen. Die zwei Tage wurden für fachlich tiefgängigen Informationsaustausch genutzt mit dem Ergebnis, dass der 3. Ziefahrplan ein solches Maß an Fragen offen lässt, dass eine Überarbeitung unerlässlich ist.
Paradigmenwechsel unter Ausschluß der Öffentlichkeit
Die Vielfalt der Diskutierenden in Loccum entsprach der gesellschaftlichen Bandbreite. Bei der Ausgestaltung und iterativen Entwicklung des aktuellen Deutschlandtakt-Fahrplans mangelt es an dieser Vielfalt. Nur die Bahnbranche ist unter denjenigen Stakeholdern (Schienenpakt) vertreten, die das Ergebnis zu verantworten haben – den jetzigen Zielfahrplan (3. Gutachterentwurf). Die gleiche Gruppierung durfte nun bei der Fortschreibung des Zielfahrplans mitreden. Obwohl der Paradigmenwechsel – weg vom jährlich ermittelten Bedarfsfahrplan hin zu einem fixen Taktfahrplan – einschneidende Änderungen in der gesamten Infrastruktur bedeuten, die alle folgenden Diskussionen immer wieder auf das Ergebnis des jetzt bestehenden Zielfahrplans zurückwerfen werden, fehlte und fehlt immer noch eine allumfassend fachliche, unabhängig wissenschaftliche und breite öffentliche Beteiligung an der Konzeption.
Tick Tack – die CO2-Uhr läuft
Kritische Anmerkungen werden seit Beginn der Entwicklung des Zielfahrplans erhoben. Die Frage dabei: wer kann sich bei solchen Konzeptionen durchsetzen? Bislang wird das theoretisch technisch Machbare in den Fokus gerückt; wichtige Aspekte des realen Lebens (Mensch, Umwelt, Natur), der reale CO2-Ausstoß der Baumaßnahmen (Klima) sowie die reale finanzielle Dauerbelastung (Steuergelder) und die reale zeitliche Umsetzungsdauer (Jahrzehnte) werden abgetan. Für diese Aspekte gibt es derzeit aus Bahnbranche und Bundesverkehrsministerium nur das Zauberwort ‚Etappierung‘. Der Begriff fasst die unrealistische, unbezahlbare, viel zu lange dauernde Umsetzung des 3. Zielfahrplans sehr gut zusammen. Der 3. Zielfahrplan ist so überambitioniert, so teuer, so bauintensiv, dass es Jahrzehnte kleiner Schritte bedarf, um die Bahn zu einem erfolgversprechenden gesamtheitlich funktionierenden Taktfahrplan zu führen. So schiebt man die Bugwelle an ungelösten fachlichen, finanziellen, personellen und klimatischen Problemen vor sich her … der Folgegenerationen vor die Füße.
Eine Zusammenfassung der vielfältigen Kritikpunkte folgt in Kürze!