Unberührt von gesellschaftlichen Veränderungen und klimatischen Erfordernissen plant die DB Netz AG weiter so wie bisher an der Hochgeschwindigkeitsstrecke Hannover – Bielefeld. Das Projektmanagement hält an den Prämissen 300 km/h und 31 Minuten fest, da es aus dem Bundesverkehrsministerium (BMDV) keine anderslautende Vorgabe gäbe. Außerdem sei ja der gesamtwirtschaftliche Nutzen maßgebend. So äußerte sich der Projektleiter Herr Müller auf dem letzten Projektplenum. Die DB Netz AG nutzt nach wie vor nicht die zweifelsfrei vorhandene Expertise im Hause, um einem solchen aus der Zeit gefallenen Projekt eine wirklich nachhaltige Wendung zu geben.
Die Strecke Hannover – Wunstorf – Minden – Bielefeld gehört zur dringend und unstrittig erforderlichen Engpassbeseitigung. Was Richard Lutz, Vorstandschef der Deutschen Bahn mit seiner „Generalsanierung wichtiger Streckenabschnitte“ und das „grundsätzliche und radikale“ Angehen genau meint, müssen wir (hint)erfragen. Ebenso sein Ziel, ein „Hochleistungsnetz“ aufzubauen.
Klaus-Dieter Hommel, Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und gleichermaßen Vize-Chef des Bahn-Aufsichtsrates findet da deutlichere Worte: Ziele wie die Verdoppelung der Fahrgastzahl und der einheitliche Fahrplantakt für Deutschland seien unrealistisch.
Quelle: Tagesschau.de vom 30.05.2022
Zur Ergänzung stellen wir die Kritikschrift von Prof. Dr.-Ing. Udo Becker, Verkehrsöokologe TU Dresden vor. Prof. Becker kritisiert die derzeitige grundsätzliche Art und Weise der Ermittlung eines Kosten-Nutzen-Verhälnisses. Besser wäre es dem Bund vorzuschlagen, ein echtes gesamtgesellschaftliches Kosten-Nutzen-Verhältnis zu entwickeln. „Alle verkehrlichen Maßnahmenfelder wären mit einem Verfahren vergleichbar: ein mächtiges Instrument in den Händen von Planern, denen gesamtgesellschaftliche Effizient am Herzen liegt“.
Quelle: Archiv der Zeitschrift-für-Verkehrswissenschaft.de
Wiederholend weisen wir auf die bislang unterentwickelte Betrachtung von ökologischen Gesichtpunkten bei der Bewertung von Maßnahmen des BVWP hin! Gesamtgesellschaftliche Effizienz muss Begriffe wie CO2-Fußabdruck, Landfrass, Bodenversiegelung, Schutz von Mensch, Natur, Umwelt abbilden können.
Damit steht die sogenannte Kosten-Nutzen-Berechnung zum Projekt Hannover – Bielefeld auf dem Abstellgleis. Die dort berücksichtigten Zahlen bilden keine realistischen Werte ab. Wir formulieren es auf gut deutsch: die N-K-V-Berechnung ist schön gerechnet. Wir fordern die Neuberechnung nach einer Überarbeitung des Methodenhandbuchs – der oben beschriebenen Fibel, wie man mit welcher Maßgabe eine Berechnung von Kosten und Nutzen durchführt. Beim Projekt Hannover – Bielefeld liegt der N-K-V aktuell bei 1,0 (BVWP-Projekte Schiene). Aber Achtung: im Berechnungsverfahren wurden ja mehrere Teilabschnitte der Strecke Berlin – Rhein/Ruhrgebiet zusammengelegt. Sonst wäre die Hochgeschwindigkeitsstrecke eh schon im hohen Bogen aus dem Bundesverkehrswegeplan rausgeflogen.
Was gibt’s sonst zu den Themen Bahn – Klima – Steuergeld zu lesen?
Hier ein kleiner Pressespiegel:
Handelsblatt 31.05.2022 Wir sind stinksauer weil nichts läuft
TAZ 21.05.2022 Weltklimabericht – Wie die Welt CO2 einsparen könnte
Wirtschaftswoche 20.05.2022 Zu unpünktlich – Bahn kommt zu spät für Klimaschutz
ZDF 20.05.2022 Neuverschuldung Bundeshaushalt 2022
Tagesspiegel 19.05.2022 Rollt die Bahn beim Klimaschutz aufs Abstellgleis?
TAZ 13.05.2022 Gegen zerstörerische Großprojekte